Kommentar zur Stellungnahme
Nach Veröffentlichung der Stellungnahme erfolgten Gespräche zwischen der Pressestelle der Hochschule, sowie der Besuch des Präsidenten Herrn Prof. Dr.-Ing. Werner Ullmann auf der AStA Sitzung des 27.01.2021 und ein Zusammenkommen zwischen allen Beteiligten am Mittag des 28.01.2021.
In dem jeweiligen Austausch wurden Punkte beider Positionen verdeutlicht und hinterfragt. Als Plenum haben wir uns entschieden, einen Kommentar dazu zu veröffentlichen.
Uns ist jedoch besonders wichtig klarzustellen, dass es in keinem Fall die Absicht war, Einzelpersonen zu diskreditieren!
Hauptintention ist es, indem wir den Prozess kritisieren, für eine zukünftig breitere Partizipation der Studierendenschaft und bessere Zusammenarbeit zwischen AStA und Hochschule einzustehen.
Stellungnahme BHT — Umbenennung
Passivität bei der Namenswahl verhindern — Chance zur Weiterentwicklung nutzen!
Endlich — die Wahl eines neuen Hochschulnamens steht kurz bevor. Das langersehnte Finale eines Prozesses, der vor gut 12 Monaten mit der Suche begonnen hat und nun endlich mit der Entscheidung für einen neuen Namen sein Ziel erreicht haben wird. Zumindest scheinbar. Denn der Erfolg der Umbenennung definiert sich nicht allein über die Namensänderung, sondern vor allem über den Weg, der dorthin geführt hat und noch weitergeführt werden muss. Das folgende Statement wird auf die Themen Prozessgestaltung, Umgang mit Antisemitismus und der Finanzierung eingehen.
Kein partizipatives Verfahren
Ein transparentes und partizipatives Verfahren wäre dabei ein erster wichtiger Schritt gewesen. Dies ging nicht nur aus den Forderungen der Studierendenschaft hervor, sondern ist ebenfalls ein selbstformuliertes Ziel der Hochschule im Antrag zur Umbenennung gewesen. Ein Ziel, welches wie auch die restlichen Forderungen nun in Hinblick auf die zeitnahe Namenswahl nicht in einem ausreichenden Maß erreicht wurde.
- Es ist enttäuschend, dass der Moodle-Kurs nicht gut angenommen wurde (606 Eingeschriebene, doch nur 104 Einträge und 50 AutorInnen, somit nur maximal 154 aktiv Beteiligte).
- Das in der AG „Neuer Hochschulname“ vorgeschlagene Tool wäre eine Möglichkeit gewesen diese potenziell zu erhöhen. Dass dies in der AG nicht angenommen wurde bedauern wir, nehmen die Entscheidung dazu aber hin.
Statt einer breiten Beteiligung aller Statusgruppen anhand von partizipativen Werkzeugen wurde für lediglich zwei Wochen ein Moodle-Kurs eröffnet.
- Der Kurs war für mehr als zwei Wochen, nämlich fast vier Wochen, geöffnet. Das war ein Irrtum des AStA.
Hochschulmitglieder konnten sich dort einschreiben und in unübersichtlichen Foren ihre Gedanken teilen. Doch ob ihre Vorschläge im Auswahlprozess berücksichtigt wurden, ist auch nach über zwei Monaten nach Schließung des Kurses nicht ersichtlich. Denn weder die versprochene Auswertung des Kurses wurde öffentlich gemacht, noch gab es seitens der Hochschulleitung seitdem ausreichende Informationen zum aktuellen Stand des Prozesses.
- In der Tat ist die Auswertung durch PPP auf den Webseiten der HS [Link: https://www.beuth-hochschule.de/name] öffentlich gemacht worden. Den Vorwurf, dass die Auswertung nicht öffentlich gemacht wurde, nimmt der AStA zurück.
- Das Jahr 2020 war geprägt von der Pandemie, weshalb seit März keine Präsenzveranstaltungen in der Hochschule stattfanden. Entsprechender Austausch auf Symposien zum Thema Namensfindung, wie bisher, war deshalb nicht möglich. Wir weisen aber darauf hin, dass online Angebote möglich gewesen wären und in vielen Fällen die Partizipation durch Studierende deutlich hätte werden können. (Beispiel: Bautrieb FB IV). Weil in der Pandemiesituation kaum Konkurrenz mit anderen Abendveranstaltungen stattfinden und die Fahrtwege nicht hindernd sind. Dass dies nicht stattgefunden hat, bemängelt der AStA deutlich.
Eine Frage des Geldes?
Der Diskurs zur Umbenennung der Hochschule war zudem von Anfang an durch eine Diskussion über entstehende Kosten begleitet. Um dieser Diskussion ein Ende zu setzten, erfolgte eine Kostenschätzung, die in einer Mail an den Akademischen Senat versandt wurde. Die Kosten der damaligen Schätzung beliefen sich auf knapp 2,5 Mio € und hätten laut dem Schreiben des Präsidiums zu erheblichen Einsparungen in Lehre, Personal und Sanierung führen können. Ein legitimes Argument der Gegenposition, würde sich die Kostenschätzung des aktuellen Antrags nicht auf 0,5 bis 1 Mio. € mehr als halbiert haben.
- Das Schreiben, welches an den Akademischen Senat versandt wurde, bezeichnet die Schätzung nichtals „grobe“ Schätzung und nennt explizit die Notwendigkeit zu Einsparungen im Falle solcher Kosten. Es hätte klar sein müssen, dass es eine sehr „grobe Schätzung“ ist. Denn auch wenn unbeabsichtigt, beeinflusst eine solche Zahl, die sich als viel zu hoch herausstellt.
Diese doch sehr erhebliche Differenz wirft viele Fragen auf. Verantwortliche Abteilungen und Gegner*innen der Umbenennung äußern inzwischen öffentlich, dass vor einem Jahr die Kosten geschönt wurden, um eine Umbenennung zu verhindern. Dass diese Schätzungen an Gremien und Öffentlichkeit gelangt sind und damit den Prozess der Umbenennung beeinflusst haben, stellt die Sorgfaltspflicht des Präsidiums infrage.
- Wir möchten weder dem Präsidium noch einzelnen Vizepräsident*innen unterstellen, Einfluss darauf genommen zu haben.
- Die Differenz der Schätzungen ist auffällig hoch. Wir weisen darauf hin, dass die Zahlen der Abteilungen scheinbar deutlich zu hoch angesetzt wurden, weshalb der AStA darum bittet, die interne Vorgehensweise zu prüfen.
Durch Nachfragen in der Senatsverwaltung hat der AStA im Januar 2020 herausgefunden, dass es von Seiten der Hochschule keinerlei Anfragen zur finanziellen Unterstützung gab. Diese wurden erst nach der Berichterstattung seitens der Presse gemacht und konnten vom Präsidenten in der Akademischen Versammlung berichtet werden.
- Inzwischen wurde der AStA darüber informiert, dass informelle Gespräche zwischen Präsidenten und Staatssekretär zu dem Thema der finanziellen Unterstützung stattgefunden haben. Gefolgt von einem Schreiben im Januar 2021. Deshalb zieht der AStA diesen Vorwurf zurück. Es ist jedoch zu bemängeln, dass dies nicht früher kommuniziert wurde. Der Präsident hat außerdem vermittelt, dass er ungeachtet der finanziellen Belastung die Umbenennung vorangetrieben hat.
Positionierung gegen Antisemitismus
Doch der Umbenennungsprozess ist schon in seiner Ausgangssituation kein reines “Zahlenspiel” gewesen, sondern eine selbstauferlegte moralische Verpflichtung. Die Neubenennung birgt vor allem die Möglichkeit einer Neuausrichtung der Hochschule und damit einer klaren und öffentlichen Positionierung gegen Antisemitismus und für offene und integrative Räume. Doch die Chance, grundsätzliche gesellschaftliche Debatten in den Prozess einfließen zu lassen, wurde nicht ausreichend wahrgenommen.
- Es gab verschiedene Bemühungen der Hochschule für Aufklärung und Information zu sorgen. Unter anderem die Veranstaltungen mit dem jüdischen Touro College und die geplante Ausstellung zu Peter Beuth. Dies sind bedeutsame Anstrengungen für, die der AStA den Verantwortlichen danken. Damit zieht der AStA diesen Vorwurf zurück.
Das wird besonders deutlich an der fehlenden Distanzierung der Hochschulleitung von unmissverständlich rassistischen und anderweitig diskriminierenden „Namensvorschlägen“, die von Mitgliedern der Hochschule eingereicht wurden. Hierzu gab es schlichtweg keine öffentliche Äußerung des Präsidiums oder der AG in irgendeiner Form.
- Tatsächlich gab es eine Bemerkung der angesprochenen „Namensvorschläge“ in den Veröffentlichten PPP zum Umbenennungsprozess [Bericht vom 18. Juni 2020, Seite 2].
Ein solches Stillschweigen lässt sich nur bestenfalls als Inkompetenz in der Antidiskriminierungsarbeit und der Bewahrung der Menschenwürde aller Mitglieder der Hochschule erklären. Schlimmstenfalls kann es als stille Zustimmung zu dieser Art Äußerungen verstanden werden. Den Umbenennungsprozess frei von Werten und Meinungen zu halten, wäre ein Verkennen der Situation, in der wir uns befinden.
- Die lebhaften Gespräche haben dem AStA gezeigt, dass die Antidiskriminierungsarbeit der Hochschule sich sehr tatkräftig um Aufklärung bemüht. Auch die Entscheidung sich nicht in besonderer Form öffentlich zu den „Namensvorschlägen“ zu äußern kann der AStA nachvollziehen, da den Personen keine Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Wir hielten eine öffentliche Stellungnahme diesbezüglich von Seiten der Hochschule allerdings für wichtig, um erneut den Standpunkt nach außen zu tragen.
- Judenfeindlichkeit, Rassismus und andere Diskriminierungen verurteilt der AStA zutiefst. Wir betonen, dass bei diesen Thematiken besondere Aufmerksamkeit gefordert ist. Wir entschuldigen uns, dass wir Beteiligte fälschlich beschuldigt und verletzt haben und nehmen den Vorwurf des Stillschweigens und der Inkompetenz zurück.
- Der AStA wurde zudem darüber informiert, dass eine Anwältin beauftragt wurde, die ein Vorgehen gegen die AbsenderInnen geprüft hat. Rechtlich war dies nicht möglich.
Ein Auftakt zur Hochschulentwicklung?
Schon im September hatte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) die Teilhabemöglichkeiten am Umbenennungsprozess kritisiert und unter anderem geeignetere Schritte zur Einbindung anderer Aspekte der strategischen Hochschulentwicklung eingefordert [Link: https://news.studis-bht.de/2020/09/24/neubenennung-partizipativ-gestalten/].
- Bei der Diskussion um einen neuen Namen hätte die zukünftige Ausrichtung der Hochschule mehr bedacht werden müssen. Denn ein Leitbild oder eine Vision, um sich attraktiver in der Hochschullandschaft zu präsentieren muss unserer Meinung nach vor dem Namen feststehen bzw. in einem hybriden Prozess verknüpft sein. Dies ist ein bedeutsamer Aspekt, den der AStA stark kritisiert. Die Hochschule hätte sich über den Namen stärker neu definieren können. Eine einmalige Chance, die wir als nicht adäquat genutzt Es wurde sich dagegen entschieden, da ein Leitbild sich im Laufe der Zeit ändern kann [Bericht vom 10.Dez. 2020, Seite 11]. Doch führt diese Position gleichzeitig zu einem Namen ohne Profil führen. Wir hoffen, dass in dem laufenden Prozess zur Corporate Identity bzw. zum Corporate Design diese Chance besser genutzt wird.
Eine schon im Sommer von einem studentischen AG-Mitglied erstellte und umfassende Übersicht über mögliche (Online-)Tools, Methoden, Prozessdesigns sowie externer Moderationsangebote wurde nicht ausreichend zur Kenntnis genommen [Link: https://youtu.be/vy1e2Q2aF5Y]. Die Übernahme von Teilen der Vorschläge hätte unsere jetzige Positionierung überflüssig gemacht.
- Wir bedauern, dass dieser Vorschlag nicht angenommen wurde, akzeptieren jedoch die Entscheidung des Gremiums.
Darüber hinaus sehen wir eine solche Leistung nicht als Aufgabe studentischer Vertreter*innen, sondern integratives Management als Kernaufgabe der tatsächlich Beschäftigten: Ein Vorschlag derartiger Tiefe hätte stattdessen aus dem Kreis des Präsidiums erfolgen sollen.
- Der AStA versteht teilweise, warum der Moodlekurs als ausreichend erschien. Dennoch er sich im Laufe des Prozesses als nicht ausreichend dargestellt. Dazu sei auf die geringe Anzahl von Teilnehmenden und Aktiven verwiesen.
Die studentischen Vertreter*innen erfuhren beim wiederholten Einfordern geeigneter Beteiligungsformate Beschwichtigung und Vernachlässigung der akuten Brisanz des Sachverhaltes. Wer die größte Statusgruppe nicht beteiligen kann oder möchte, verpasst es, relevante Positionen und Bedürfnisse aufzugreifen und nimmt so ihre Gleichgültigkeit bei der akademischen Selbstverwaltung und weiteres Schwinden der Studierendenzahlen in Kauf.
- Der AStA drückt nach wie vor seine Enttäuschung darüber aus, dass es nicht gelungen ist, mehr Studierende einzubeziehen. Für die Zukunft schlagen wir vor, dass beim Ausbleiben angemessener Beteiligung, der AStA um Hilfe gebeten Durch die gute Vernetzung der Studierenden untereinander durch soziale Medien kann hier auf eine größere Reichweite gehofft werden.
Ein Beteiligungsprozess ist nicht zur Sabotage gedacht, sondern essenziell zur Weiterentwicklung einer Hochschule, die neben internen Herausforderungen wachsende Verantwortung gegenüber ökologischen wie sozialen Krisen hat. Wird diese Notwendigkeit weiterhin ignoriert, besteht wenig Hoffnung, andere statusgruppenübergreifende Zielsetzungen besser zu meistern.
- Diese Wortwahl kann unangemessen erscheinen. Die umfassenden Gespräche von den verschiedenen Perspektiven haben gezeigt, dass Bereitschaft zur Weiterentwicklung herrscht. Jedoch verweisen wir auf die unzureichend genutzte Chance zur Neudefinition eines Leitbildes der Hochschule (s. o.) und die Gestaltung einer Corporate Identity.
Wir erinnern an die Debatte der Akademischen Versammlung im Januar 2020: Die Umbenennung sollte im besten Fall zu einem besseren Namen als dem bisherigen führen und die fragmentierten Einzelmeinungen in einem geeigneten Format zusammenführen. Gerade vor dem Hochschuljubiläum wäre das wünschenswert. Die AV-Mitglieder sollten genau prüfen, ob diese Ziele erreicht wurden.
*Anmerkung: Das Studierendenparlament schloss sich am 12.01.2021 der hier erhobenen Kritik an und unterstützt die Position des Allgemeinen Studierendenausschusses.
Abschließend verweisen wir darauf, dass konstruktive Gespräche früher stattfinden müssen. Denn beteiligte, wie unbeteiligte Studierende haben sich nicht gehört gefühlt. So wie die vorangegangene Stellungnahme vom 24. September kein Gehör fand [Link: https://news.studis-bht.de/2020/09/24/neubenennung-partizipativ-gestalten/].
Insbesondere bei der Neuausrichtung der Hochschule im Zusammenhang mit der Umbenennung und in der Beteiligung von Studierenden bestanden Defizite. Die wir in Zukunft gemeinsam beheben wollen.